Antidemokratisch und illiberal: Goldbach Neo verweigert AL Aushang von Wahlplakaten

Die Alternative Liste (AL) hat im Gemeinderat auf demokratischem Weg eine Motion zur Reduktion von kommerzieller Aussenwerbung eingebracht. Die Ratsmehrheit hat diese Motion gutgeheissen. Die Plaktgesellschaft Goldbach Neo OOH rächt sich nun an der Partei, indem sie der AL den Aushang von Wahlplakaten verweigert. Durch diesen Eingriff in die freie politische Meinungsbildung schafft das Unternehmen der TX Group einen gefährlichen Präzedenzfall.

Zur Pressemitteilung der AL

Die Werbeindustrie verweist gerne darauf, dass Plakatwerbung wichtig für die Demokratie sei. So schreibt beispielsweise Tom Gibbings, der CEO von Goldbach Neo OOH, im Corporate-Social-Responsibility-Bericht: «Aussenwerbung ist ein wichtiger Bestandteil einer offenen und demokratischen Gesellschaft. Diese Verantwortung versetzt uns in eine Vertrauensposition, die wir ernst nehmen.» In der Tat ist der Zugang zum öffentliche Raum ein Grundpfeiler einer demokratischen Gesellschaft. Es gibt wenige Unternehmen, denen der Staat das Privileg verliehen hat, im öffentlichen Raum legal Botschaften zu verbreiten. Die Firma Goldbach Neo OOH ist nach der APG|SGA das zweitgrösste und zweitmächtigste Unternehmen in diesem Bereich. Das bringt Verantwortung mit sich.

Antidemokratisch und verantwortungslos

Doch Goldbach tritt diese Verantwortung mit Füssen und will das Gegenteil einer offenen und demokratischen Gesellschaft: In einer in der Schweiz beispiellosen Aktion hat das Unternehmen der AL den Aushang von Wahlplakaten verweigert, weil ihre politischen Positionen Goldbach Neo nicht in den Kram passen. Wohlgemerkt: Die AL ist nicht irgendeine extreme Spinnerpartei. Seit 35 Jahren ist sie im Zürcher Gemeinderat vertreten, aktuell mit mehr Sitzen als die Mitte oder die EVP.

Freie Meinungsäusserung ist nicht selektiv

Was Goldbach Neo OOH – die im Übrigen täglich tausendfach gegen die die Betriebsregeln der Stadt Zürich verstösst – sich hier erlaubt, ist ein grotesker antidemokratischer Eingriff in die freie Meinungsäusserung. Denn: Freie Meinungsäusserung bedeutet nichts, wenn sie nicht allen gleichermassen zugestanden wird. Sie bedeutet nichts, wenn profitorientierte Unternehmen darüber entscheiden, wer im öffentlichen Raum Botschaften verbreiten darf.

(Wegen einigen harmlosen Aufklebern, die sich rückstandsfrei entfernen liessen, hat Goldbach Neo OOH im Übrigen Strafanzeige erstattet.)

Dass Goldbach Neo OOH zur TX Group, einem der mächtigsten Schweizer Medienhäuser, gehört, sollte erst recht aufhorchen lassen. Die unkritische Berichterstattung im 20 Minuten und Tages-Anzeiger zu diesem Fall kommt nicht von ungefähr (im Übrigen hat keine einzige Publikation der TX Group über die CHF 86 Mio.-Akquisition von Clear Channel Schweiz berichtet, aus der 2023 Goldbach Neo OOH hervorgegangen ist).

Konsequenzen ziehen: Verträge auflösen, Goldbach boykottieren und selber bewirtschaften

Goldbach Neo OOH verdient Abermillionen mit Verträgen mit der Stadt Zürich und mit Werbeflächen, die vom Hochbaudepartement der Stadt bewilligt wurden. Auf öffentlichem Grund ist Goldbach Neo bei rund 80% der Verträgen involviert. Deshalb ist es nur folgerichtig, wenn die AL fordert, dass die Stadt Zürich die Verträge mit der Firma auflöst und sie vom Los der Polit-Plakatierung ausschliesst.

Die IG Plakat | Raum | Gesellschaft geht noch einen Schritt weiter: Wir fordern alle Parteien und Unternehmen, die sich zu einer demokratischen Gesellschaft bekennen, auf, keine Werbung bei Goldbach Neo OOH zu buchen. Das Unternehmen hat sich als unwürdig erwiesen, über den öffentlichen Raum zu verfügen.

Da die APG|SGA eine ähnliche Geschichte hinter sich hat, fordert die IG Plakat | Raum | Gesellschaft zudem, dass die Stadt Zürich die – nach dem Willen des Gemeinderats künftig stark reduzierten – Plakatflächen selber bewirtschaftet. So kann sichergestellt werden, dass nicht einzelne profitorientierte Akteure versuchen, die politische Meinungsbildung im öffentlichen Raum durch Unterdrückung von unliebsamen politischen Positionen zu beeinflussen. Zudem fliessen die erwirtschafteten Gewinne so direkt an die Steuerzahlenden zurück, anstatt dass die Aktionär:innen der Plakatgesellschaften rund 80% der Gewinne abschöpfen.