Blog: Sparen Sie einen Haufen Kohle!

Die Allianz gegen Werbeverbote zeigt indirekt auf, wie Branchen mit wenigen, dafür starken Marktteilnehmern viele Millionen Franken Werbebudgets sparen können.

Kennen Sie die Allianz gegen Werbeverbote? Sie ist ein Zusammenschluss von Schweizer Werbung SW und anderen Branchenverbänden. Auf der Website www.stopp-werbeverbote.ch (URL nicht mehr verfügbar) führt sie einige abenteuerliche Argumente auf, weshalb Werbeverbote des Teufels sind.

Der Hintergrund dieser Allianz waren primär die Bestrebungen, Werbeverbote für Alkohol- und Tabakprodukte einzuführen. Auf EU-Ebene gingen und gehen die Diskussionen noch weiter, denn es gibt viele weitere Produkte, die auf die eine oder andere Weise gesundheitsschädigend sein können. Wer das Argumentarium der Allianz sorgfältig liest, wird bald die inneren Widersprüche ihrer Argumentationslinie erkennen.

Ich konzentriere mich auf die guten Nachrichten. Zwischen den Zeilen erklärt uns die Allianz, wie manche Marken wahnsinnig viel Geld sparen können. Man führe sich folgendes vor Augen:

Werbung ist konsumneutral.

Die Allianz schreibt: «Werbeverbote reduzieren den Konsum nicht.» Das sind gute Nachrichten, denn das bedeutet, dass Werbung den Konsum nicht erhöht und Marketingbudgetverantwortliche die Batzeli für die Werbung deshalb in sozial und ökologisch nachhaltige Wertschöpfungsketten, die Forschung & Entwicklung, einen Firmenausflug oder verkaufsfördernde Preissenkungen investieren können. Wenn Sie Werbung verkaufen, dann ist das für Sie natürlich eine schlechte Nachricht, denn sie entzieht Ihnen die Existenzgrundlage. Doch die Allianz ist gewappnet.

Werbung verschiebt Marktanteile.

Sie fügt deshalb an: «Damit ist nicht gesagt, dass Werbung nicht wirkt. Sie hat vielmehr den Zweck, Marken zu positionieren, Marktanteile zu sichern und dem […] Konsumenten aufzuzeigen, welche Produkte auf dem Markt sind, damit er seine Wahl treffen kann.» Die Allianz gegen Werbeverbote schneidet sich ins eigene Fleisch, denn konkret heisst das: Branchen mit wenigen, dafür starken Marktteilnehmern können sich die Werbung ersparen. Sie müssen sich einfach organisieren. Für Marktführer gilt das ohnehin. Wenn man schaut, wer im grossen Stil Werbung macht, dann sind das immer Branchen mit wenigen starken Marktteilnehmern. Sobald Coop eine millionenschwere Kampagne fährt, doppelt Migros nach. Und umgekehrt. Wenn Toyota richtig Gas gibt, dann ist VW gleich um die Ecke. Orange macht nur Werbung, weil es Swisscom tut. Und Cailler wegen Lindt. Man könnte das mit Marcel Mauss und Georges Bataille als eine Ökonomie des Exzesses bezeichnen. Vor den Augen der Bevölkerung findet eine enorme Verschleuderung von Ressourcen statt, um zu demonstrieren, dass man dem Konkurrenten überlegen ist.

Millionenschwerer Business-Lunch

Die Migros hat im Jahr 2008 rund 320 Millionen Franken für Werbung, das heisst: für die periodische Eroberung und Rückeroberung von Marktanteilen, ausgegeben. Für Coop habe ich keine Zahlen gefunden. Wenn sich nun diese Firmen absprächen, dann könnten sie beinahe unvorstellbare Summen sparen. Ein Business-Lunch müsste genügen.

Oder habe ich da etwas falsch verstanden?

 

Dieser Beitrag von Christian Hänggi erschien ursprünglich auf dem Blog des Werbe- und Kommunikationsbranchenportals persoenlich.com.